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Abschied nehmen - Sterben, Tod und Trauer

14.12.2023 bis 28.01.2024

Eine Wanderausstellung des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe

Nichts ist so sicher wie der Tod. Insofern betrifft das Thema „Abschied nehmen – Sterben, Tod und Trauer“ alle von uns einmal ganz persönlich. Eine Wanderausstellung des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL) mit diesem Titel blickt auf historische und aktuelle Aspekte des Umgangs mit dem Lebensende.

„Schon der Ausstellungstitel löst viele persönliche Assoziationen aus. Wir denken an persönliche Verluste, lange Trauerphasen oder an liebe Menschen, deren Sterben bevorsteht“, so Ausstellungskuratorin Verena Burhenne vom LWL-Museumsamt für Westfalen. „Viele Menschen reagieren mit Abwehr auf das Thema. Tod und Sterben gehören aber zum Leben dazu und sind Teil unserer Kultur. Vielfältige Rituale können uns in solchen schweren Phasen Halt und Trost geben.“ Doch die Sterbekultur mit Totenglocke und Sterberitualen wie vor 200 Jahren gebe es schon lange nicht mehr, so Burhenne weiter.

Die Ausstellung widmet sich den Fragen: Wie gingen die Menschen früher mit dem Sterben um? Welchen Stellenwert hat es heute in einer säkularisierten und weltanschaulich differenzierten Gesellschaft? In acht Kapiteln behandelt die Schau unterschiedliche Aspekte der Trauerkultur wie die Jenseitsvorstellungen, die Vorsorge und die Verfügungen für den Todesfall. Darüber hinaus beschäftigt sich die Ausstellung mit der Totenfürsorge, der Hospizbewegung und der Sterbehilfe. Gezeigt werden Versehgarnituren und Salbgefäße, die bei der Krankenölung durch den Priester eingesetzt werden. Beim letzten Abschiednehmen geht es unter anderem um den Beerdigungskaffee und die Trauerkleidung. Totenzettel und Kondolenzpost aus unterschiedlichen Jahrhunderten dokumentieren die Tradition des Abschiednehmens. Zwei Kapitel beschreiben den Wandel der Friedhöfe vom Gottesacker zur Parkanlage sowie zu den alternativen Bestattungsformen beispielsweise in den Friedwäldern.
Stellvertretend für den Wandel stehen ein gusseisernes Grabkreuz aus der Zeit um 1900 sowie gestaltete Urnen aus abbaubaren Materialien.

Ein weiteres Kapitel beschäftigt sich mit der Erinnerung an die Toten anhand von Gedenktagen, Post-mortem-Fotografien und dem Gedenken an gefallenen Soldaten. Zu sehen sind Haarbilder, die als sogenannte Zimmerdenkmale ein wichtiges Zeugnis des Gedenkens an liebe verstorbene Angehörige waren. Dabei wurden aus den Haaren der Verstorbenen oft Blumenmotive geformt. Im letzten Kapitel geht es sowohl um die Bestattungsinstitute als auch um andere Berufe, die rund um den Tod angesiedelt sind. Isabelle Christiani vom LWL-Museumsamt führte ein Interview mit einer Sterbeamme aus Arnsberg, das in einer Videostation zu sehen ist.

Ein Katalog, der für 14 Euro erhältlich ist, vertieft und erweitert die Themenbereiche und beschreibt die Ausstellungsobjekte.

Hintergrund
Die meisten Menschen wünschen sich den Sekundentod nach einem langen erfüllten Leben. Der medizinisch-technische Fortschritt ist aber darauf ausgerichtet, Leben zu erhalten. Sterbende sollen immer mehr gegen Krankheit und den drohenden Tod ankämpfen. Oder was haben die vielen Todesanzeigen zu bedeuten, die da lauten: „Gekämpft, und doch verloren“? Die Kunst des Abschiednehmens fehlt.

Der schwerkranke Mensch und sein Sterbeprozess rücken immer mehr in den Mittelpunkt. Das war auch schon vor der Covid-19-Pandemie der Fall. Unheilbare Krankheiten schaffen ein größeres Bewusstsein für den Tod, die letzte Ruhestätte und die Zeremonie der Bestattung. Daran haben sowohl die Hospizbewegung als auch die AIDS-Selbsthilfegruppen ihren Anteil.

Fast jede:r hat direkte oder indirekte Erfahrungen mit dem Tod in der eigenen Familie oder dem Freundeskreis gemacht. Bis vor Kurzem unterlagen Friedhöfe und Grabmäler starken Regulierungen. In Deutschland gibt es eine starke Tendenz zur Planung der eigenen Bestattung, auch der Sterbeprozess wird immer mehr durch eigene Vorstellungen bestimmt. Doch die Vorsorgepraktiken sind so alt wie die Menschheit. Anleitungen zum guten Sterben durchziehen die Geschichte der Menschheit. Das Spektrum der Vorstellungen ist dabei groß. Es reicht von der Idee, dass gute Werke und ein christlicher Lebenswandel im Himmel belohnt werden, bis hin zur Überzeugung eines vorherbestimmten jenseitigen Schicksals, auf das der Mensch keinen Einfluss hat.

Die Tradition der Aufbahrung und Totenwache ist nicht mehr weit verbreitet. Bis weit in die 1950er Jahre starben zumindest in ländlichen Regionen viele Menschen im Kreise ihrer Angehörigen zuhause. Heute wird vielfach die „Privatisierung“ des Todes attestiert. Viele erfahren das Sterben allein, in Krankenhäusern, Pflegeheimen oder Hospizen. „Der Tod wird aus der Gesellschaft verdrängt, so scheint es. Der Tod aus Altersschwäche ist in der modernen Medizin nicht mehr vorgesehen. Der größte Teil der Sterbefälle könnte problemlos zuhause stattfinden und die meisten Menschen möchten auch im eigenen Umfeld sterben. Tatsächlich aber stirbt die Mehrzahl von uns in Krankenhäusern“, so Burhenne.

Bis um 1900 nahmen die Bestattungsrituale ab. Bis dahin war das Begräbnis der Toten eine Angelegenheit der gesamten Gemeinde. Es wurde nun immer mehr zu einem individuellen familiären Ereignis. Die gesellschaftliche Individualisierung des Todes zeigt sich auch hier. In den 1960er Jahren sah man wegen des zunehmenden Verkehrs keine Leichenzüge auf den Straßen mehr. Die Toten wurden eingesargt und in die Totenhalle des Friedhofs geschafft.
Noch im 20. Jahrhundert war Schwarz die dominante Farbe bei Beerdigungen. Frauen trugen schwarze Kostüme oder Mäntel, Männer dunkle Anzüge und eine schwarze Krawatte. Bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts wurde je nach Verwandtschaftsgrad gestaffelt eine bestimmte Trauerzeit eingehalten, in der noch Schwarz getragen wurde. Heute wird, wenn überhaupt, schwarze Kleidung nur noch zum Abschiedsritual auf dem Friedhof getragen.

Auch die Friedhofskultur wandelt sich. „Die Bestattungsgewohnheiten haben sich mit dem Bedeutungsverlust der bürgerlichen Familie, der Zunahme von Single- und Zwei-Personen-Haushalten und der zunehmenden beruflichen Mobilität geändert“, sagt Burhenne. „Die Bestattungs- und Friedhofskultur befindet sich Anfang des 21. Jahrhunderts in einem grundlegenden Umbruch. Friedhofsträger und Friedhofsverwaltungen sind gezwungen, auf gesellschaftliche Veränderungen zu reagieren. Sie suchen nach alternativen Beisetzungsformen. Zur Auflockerung der herrschenden Routine trägt auch der Einfluss anderer Kulturen und Religionen bei. Noch nie war die Auswahl an Bestattungsmöglichkeiten so groß wie heute.“

Das Totengedenken dient als Teil der Trauerkultur dem Fortleben der Gemeinschaft und der Stabilisierung ihrer Werte. Erinnerung und Gedenken werden geformt. An Allerseelen gedenken Katholiken ihrer Toten, am Totensonntag die Protestanten. Seit den 1990er Jahren entstand mit den virtuellen Memorial Websites eine ganz andere Art von Totengedenken. Sie ist mit einer Individualisierung und Privatisierung von Trauerbekundungen und der Abkehr vom Friedhof als traditionellem Ort der Trauer verbunden.