17. / 18. SEPTEMBER 2021, 20.00 UHR
MUSEUM HEXENBÜRGERMEISTERHAUS
(MUSEUMSGARTEN)
Anmeldung/Reservierung und 3G-Nachweis erforderlich:
Museum Hexenbürgermeisterhaus, Tel: (05261) 213-276, Mail: museen@lemgo.de
An beiden Tagen fi ndet bereits um 19 Uhr eine Führung durch die Sonderausstellung statt.
Die Karla-Raveh-Gesamtschule beschäftigt sich regelmäßig mit der Geschichte ihrer Namenspatin. Immer wieder arbeitet sie dabei mit Künstlerinnen und Künstlern zusammen.
Im vergangenen Schuljahr hat eine Theatergruppe sich in enger Zusammenarbeit mit der Gedenkstätte Frenkel-Haus und dem städtischen Museum Hexenbürgermeisterhaus, das derzeit eine Ausstellung über Shmuel Raveh zeigt, ein biografisches VideoTanz-Theater entwickelt. Museum und
Schule verbindet eine langjährige Bildungspartnerschaft.
Eigentlich handelt es sich um vier Projekte, die hier an einem Abend zusammengeführt werden: Mit der Theaterpädagogin und Regisseurin Freya Müller entwickelten die Schülerinnen und Schüler aus dem biografischen Material Spielszenen, in denen sie aus ihrem Blickwinkel als Jugendliche einen Blick auf Shmuels Jugend werfen. Immer wieder fragen sie sich, wie sie in seiner Situation empfinden und handeln würden.
Die Tanzpädagogin und Choreografin Patricia Struffolino, die der Schule seit vielen Jahren und über zahlreiche Projekte verbunden ist, erarbeitete mit der Gruppe choreografisch Bilder für die zerrissene Biografie von Karlas späterem Ehemann. Im Tanz entdeckten die Schülerinnen und Schüler für sich neue Möglichkeiten des Ausdrucks. Dieser Tanzworkshop, vom Kultursekretariat NRW in Gütersloh gefördert, findet einen weiteren Höhepunkt am 23.9. beim „Durchdrehen!“-Tanzfestival im Hangar 21 in Detmold.
Im dritten Projektteil hat Anna Maria Scheider, ebenfalls über Jahre mit der Schule und ihren Projekten der Erinnerungskultur verbunden, mit den Gruppenmitgliedern kurze künstlerische Filme produziert. Sie funktionieren als filmischer Essay zur Frage, wie Jugendliche in der Zeit ihrer Entwicklung mit Enttäuschungen und negativen Ereignissen umgehen, wie sie ihre Identität finden und welche Fragen sie dem Leben stellen. So bauen die kurzen Videos eine weitere Brücke zu dem Jugendlichen Shmuel Rubin, der in kurzer Zeit Familie und Heimat verlor und trotz ständiger Todesgefahr überlebte.
In einem weiteren Projektteil war eine Begegnung mit Lilach Naishtat-Bornstein und Sinai Peter geplant. Naishtat-Bornstein lehrt am Kibbutzim-College in Tel Aviv Literaturwissenschaften und hat sich intensiv mit Karla Raveh und der Bearbeitung ihrer Biografie in Lemgo befasst. Auch sie hat der Gesamtschule in vergangenen Projekten bereits als Beraterin zur Seite gestanden. Siani Peter ist Regisseur aus Haifa, der die Gruppe bei der Aufarbeitung der Emigration des Ehepaars Raveh unterstützt. Leider lassen es die derzeitigen Reisebestimmungen nicht zu, dass die Israelis Deutschland besuchen. Sie werden an den Endproben per Videokonferenz teilnehmen.
Auch die übrige Probenarbeit gestaltete sich schwierig. Die strengen Regeln des Infektionsschutzes erlaubten fast ganzjährig keine reguläre Theaterarbeit. Abstand, Maskenpflicht, Lockdown, monatelange Videokonferenzen und Verbote, schulische Gruppen zu mischen, machten den
Schülerinnen und Schülern aus der 8.-12. Klasse die Arbeit schwer. Trotzdem gelang es dem Team, die Gruppe immer wieder zu erreichen. Die Aufführung am 17. und 18. September im Museumsgarten des Hexenbürgermeisterhauses zeigt keine geschlossene Handlung, sondern ist eine eindrucksvolle Collage der Gedanken, die Jugendliche angesichts des Schicksals haben, das auch in der Sonderausstellung vor Ort nachempfunden werden kann.
Ein derart breit aufgestelltes Gesamtkunstwerk konnte nur dank großzügiger öffentlicher Förderung zustande kommen. Die einzelnen Projektteile wurden gefördert vom Landesprogramm „Kultur und Schule“, dem Tanz-Förderprogramm „Durchdrehen!“ des Kultursekretariates NRW, der Staatskanzlei NRW und Eigenmitteln von Schule und Museum. Alle Projektteile fließen nun in einem abwechslungsreichen Video-Tanz-Theater zusammen, dem man beides ansehen wird: das große Engagement aller Beteiligten einerseits und die sich aus den beinahe unmöglichen Arbeitsbedingungen andererseits ergebenden Brüche in der Darstellung. Möglicher weise sind gerade diese Brüche das, was der Darstellung der Biografie Shmuel Ravehs am meisten dient. (Text: Philipp Schmidt-Rhaesa, Karla-Raveh-Gesamtschule)
Projektteam:
Schülerinnen und Schüler aus den Klassen 8-12 der Karla-Raveh-Gesamtschule
Freya Maria Müller: Theaterpädagogik, Regie
Patricia Struffolino: Tanzpädagogik, Choreografie
Anna Maria Schneider: Filmproduktion
Philipp Schmidt-Rhaesa: Schulischer Projektleiter, Musikalische Beratung
Nicole Elkmann: Regieassistenz
Fabian Schröder, Sara Elkmann: Ausstellung, Wissenschaftliche Betreuung
Lilach Naishtat-Bornstein, Sinai Peter: Akademische und theaerpädagogische Beratung